Historie der Entwicklung von Torfsubstraten
Von Brenntorf und Einstreu über Einheitserde zu komplexen Kultursubstraten
Die Verwendung von Torf im Gartenbau besitzt in Deutschland eine über sechzigjährige Tradition. In der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde Torf überwiegend als Brenntorf (stark zersetzter Hochmoortorf, der sogenannte Schwarztorf) oder als Einstreumaterial in Viehställen eingesetzt. Die Kultursubstrate bestanden damals weitestgehend aus innerbetrieblich hergestellten Komposten, Lauberden oder kompostiertem Stalldung (Praxiserden).
Dr. Anton Fruhstorfer wurde 1934 zum Geschäftsführer des Torfhumusdienstes ernannt und erkannte das Potential des Weißtorfs, unter anderem als Bodenverbesserer. Durch die Entwicklung des Verfahrens zur Herstellung von „durchfrorenem Schwarztorf“ wurde der bis dahin weitestgehend als Brenntorf verwendete, stark zersetzte Hochmoortorf (Schwarztorf) auch für den Gartenbau interessant. Produziert wird dieser, indem Schwarztorf mit hohen Wassergehalten im Spätherbst auf der Gewinnungsfläche abgelegt wird. Das im Torf durchfrierende Porenwasser sprengt die Struktur der Torfmasse und verändert dessen physikalische Eigenschaften (Wasserkapazität, Luftkapazität, Wiederbenetzbarkeit).
- Das Patent für den „durchfrorenen Schwarztorf“ wurde 1943 erteilt und durch die Torfstreuverband GmbH unter dem Markennamen „Humintorf“ jahrzehntelang vertrieben. Auch heute ist der durchfrorene Schwarztorf (niederländisch „Tuintorf“) eine wichtige Basis zur Herstellung von Kultursubstraten, Blumenerden und Presstöpfen.
- Im Jahr 1945 erhielt Dr. Fruhstorfer bei seiner Arbeit in Weihenstephan/Freising das Patent für die Erzeugung der „Einheitserde“. Das Substrat bestand aus einer Mischung von Weißtorf und regional verfügbarem Löss (50:50 bis 20:80).
- Bereits 1950 gab es acht Erdenwerke, die „Einheitserde“ aus einer Mischung von Torf und Ton nach der Rezeptur von Dr. Fruhstorfer herstellten (1.000 l Weißtorf, 300 l Frischton).
- 1952 entwickelte die „Torfforschung GmbH“ in Bad Zwischenahn ein Kultursubstrat.
Pflanzenerden und Substrate für die professionelle gartenbauliche Anwendung wurden schließlich auf Basis von Weißtorf hergestellt. Dabei sollte 1 m³ Weißtorf mit 3 kg kohlensaurem Kalk, 1,5 bzw. 3 kg Volldünger mit Spurenelementen und Fetrilon sowie Natriummolybdat versetzt werden.
Aufgrund guter Wachstumsergebnisse stieg die Nachfrage an Weißtorfsubstraten stetig an. Daraufhin entschied sich der Torfstreuverband 1959 zur industriellen Produktion von Torfkultursubstraten. Angeboten wurde ein Substrat mit niedriger Aufdüngung für Aussaat und Anzucht sowie eines mit höheren Nährstoffgehalten.
Mit zunehmender Kulturvielfalt, Spezialisierung und Technisierung der Gartenbaubetriebe wuchs die Nachfrage an speziell angepassten Substratmischungen. Statt einer „Einheitserde“ werden in den heutigen Erdenwerken Substrate nach speziellen Kundenwünschen produziert. So bieten Substrathersteller ihren Kunden bis zu 2.000 Rezepturen. Mit Zuschlagstoffen, wie z.B. Ton, Sand oder Perlite, werden die Werteigenschaften der Mischung optimal den Ansprüchen von Pflanzen und Produktionsverfahren angepasst.
Historische Torfextraktion im 19. Jahrhundert mit maschineller Unterstützung.
Die Moornutzung hat eine wechselvolle Geschichte durchlebt:
- von den in der Vergangenheit gesellschaftspolitisch geforderten Pionierleistungen der Erschließung neuer Siedlungsgebiete und landwirtschaftlicher Flächen,
- über die Torfnutzung als Energieträger, Blumenerde und Kultursubstrat,
- sowie die Auseinandersetzung mit den Zielen des Naturschutzes seit den 1970er Jahren,
- bis hin zu den hoch aktuellen Themen der Kohlendioxid-Emissionen und des Klimaschutzes.